In Norduganda trifft Landwirtschaft auf Fluchtbewegungen – und politische Spannungen auf wirtschaftliche Chancen. Besonders in den Regionen um Gulu und Lamwo zeigt sich, wie eng die Herausforderungen von nachhaltiger Entwicklung, Migration und Grenzkonflikten miteinander verwoben sind.
Eine Frau auf ihrem kleinen Stück Land in der Flüchtlingssiedlung Palabek. Sie floh vor dem Krieg im Bezirk Kudo, Südsudan.
© Esther Ruth Mbabazi
Tradition trifft Konflikt: Baumwollanbau in der Grenzregion
Seit Generationen leben viele Kleinbauern in Norduganda vom Anbau von Sesam und Baumwolle. Die Böden rund um Lamwo, nahe der Grenze zum Südsudan, gelten als besonders fruchtbar. Doch genau dort entstehen zunehmend Konflikte.
Im Juli 2021 spitzte sich die Lage zu: Bewaffnete Gruppen aus dem südsudanesischen Bundesstaat Central Equatoria drangen in ugandisches Gebiet vor und vertrieben Bauern mit dem Vorwurf, sie würden südsudanesisches Land illegal nutzen. Teilweise wurden Landwirte gezwungen, umgerechnet bis zu 50 Euro zu zahlen, um weiter auf ihren Feldern arbeiten zu dürfen – eine immense Summe für viele Familien.
Trotz dieser Herausforderungen geben viele nicht auf. Organisationen wie die Gulu Agricultural Development Company (GADC) setzen sich für die Bauern ein. Sie fördern den biologisch und fair zertifizierten Anbau von Baumwolle und Sesam – ein Ansatz, der sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltige Perspektiven in der Region schafft.
Flucht und Selbstversorgung: Neue Dynamiken auf dem Land
Uganda zählt zu den aufnahmefreundlichsten Ländern weltweit: Besonders Geflüchtete aus dem Bürgerkriegsland Südsudan finden hier Schutz. Die Flüchtlingssiedlung Bidi Bidi im Distrikt Yumbe gehört mit über 190.000 Bewohnern zu den größten der Welt.
Doch angesichts sinkender Nahrungsmittelrationen vom Welternährungsprogramm (WFP) steigt der Druck zur Selbstversorgung. Immer mehr Geflüchtete suchen daher außerhalb der offiziellen Siedlungen nach Land – etwa in Regionen wie Gobiri (Distrikt Moyo) oder Mgburugburuchu (Distrikt Yumbe).
Ein 13-jähriges Mädchen sammelt Erde, um beim Bau ihrer Hütte in Zone 9 der Flüchtlingssiedlung Palabek zu helfen. Zusammen mit ihren Eltern floh sie vor dem Krieg im Südsudan. © Esther Ruth Mbabazi
Dort beginnen sie mit kleinen Landwirtschaftsprojekten – jedoch oft ohne rechtliche Absicherung. Diese Selbstansiedlungen geben Hoffnung, bergen aber auch Konfliktpotenzial: mit lokalen Gemeinden oder südsudanesischen Gruppen, die ebenfalls Landansprüche erheben.
Zwischen Hoffnung und Unsicherheit: Wie geht es weiter?
© Esther Ruth Mbabazi
Norduganda steht exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, politischer Unsicherheit und humanitärer Verantwortung. Der Aufbau nachhaltiger Landwirtschaft bietet echte Chancen – für Einheimische wie für Geflüchtete. Doch die Realität bleibt fragil:
- Grenzstreitigkeiten verhindern langfristige Planung.
- Unklare Landbesitzverhältnisse führen zu Konflikten.
- Fehlender Zugang zu rechtlichen Mitteln hemmt Entwicklung.
Damit sich Potenziale entfalten können, braucht es klare politische Rahmenbedingungen: faire Landvergabe, regionale Kooperationen und gezielte Unterstützung lokaler Initiativen.
Nur so können Baumwolle, Sesam – und auch Frieden in Norduganda eine gemeinsame Zukunft haben.
“The project is kindly supported by KAYA & KATO“